Und erneut wird die grausamste Kreatur des Universums auf die Leinwand losgelassen und Regisseur Fede Álvarez‘ liefert mit Alien: Romulus einen sporadisch unterhaltsamem Film ab. Ein Film, der vor allem darauf ausgelegt ist, ein paar grundlegende Genre-Thrills zu bieten und die IP am Leben zu erhalten, damit die nun im Besitz von Disney befindliche Fox weitere Alien-Filme produzieren kann. Das wird auch gelingen, aber zu welchem Preis?
Romulus spielt nach den Ereignissen von Scotts erstem Alien (1979) und scheint sich auch an dessen Blade Runner (1982) zu orientieren, mit seinen ersten Szenen in der dunklen, feuchten und überfüllten Bergbaukolonie Jackson’s Star, wo wir die junge Rain Carradine (Cailee Spaeny) und ihren Adoptiv-Androidenbruder Andy (David Jonsson) kennenlernen. Nachdem sie erfahren hat, dass ihr Bergbauvertrag von der allmächtigen Weyland-Yutani Corporation brutal verlängert wurde, fährt Rain mit ihrem Ex-Freund Tyler (Archie Renaux) und dessen Kumpels zu einer stillgelegten Raumstation im Orbit. Dort hoffen sie, einige Cryo-Pods zu bergen, mit denen sie auf den fernen Planeten Yvaga fliehen können, weit weg von den Klauen von Weyland-Yutani. Es stellt sich heraus, dass die Raumstation aus einem sehr guten Grund stillgelegt wurde und das Grauen nimmt seinen Lauf.
Die Tatsache, dass der Film direkt nach dem Originalfilm spielt, deutet auf eine Art Reset hin. Aber; Kann er das leisten? Die im Film vorkommenden Aliens sind hierbei größtenteils funktionale Schatten, die wenig mit der unangenehmen Rücksichtslosigkeit des ersten Films oder dem wuselnden, sich ständig vermehrenden Schrecken des zweiten Films gemein haben. Álvarez, der im Grunde seines Herzens ein Geek ist, scheint sich mehr für das säurehaltige Blut der Xenomorphen zu interessieren, das Raumschiffe und Menschen mit Leichtigkeit durchschmelzen kann.
Was in dem Film am besten funktioniert und wovon man gerne mehr hätte einbauen können, ist die zarte Bindung zwischen Rain und Andy. Wir erfahren, dass ihr Vater Andy auf einem Müllhaufen gefunden und ihn repariert hat, indem er ihn mit einer einzigen Anweisung umprogrammiert hat: Rain zu beschützen. Der Androide wird von anderen gemobbt, spricht unbeholfen und versteht die Welt um ihn herum nicht wirklich; er macht lausige Vaterwitze, weil ihr Vater auch diese programmiert hat. Dieser kaputte Cyborg ist völlig abhängig von seinem Menschen, aber die Situation kehrt sich um und wird kompliziert, sobald sie sich im Orbit befinden und Andy sich in das Betriebssystem der Raumstation einklinkt. Schnell wird diese Beziehung aber eher belanglos, da sich alles in Schreien, Rennen und Sterben umkehrt und der Film seine Dringlichkeit verliert. Das Ganze steigert sich zu einem Höhepunkt, der so unzusammenhängend ist, dass man hier schnell den Faden verliert und zudem an die filmischen Tiefpunkte eines Alien 4 zurückerinnert wird.
Doch das filmisch Verstörendste ist sicherlich der Punkt zu dem wir jetzt zu sprechen kommen. An Bord der Raumstation werden unsere Helden nämlich mit den klebrigen, sprudelnden, schleimigen, schlüpfrigen Überresten des Wissenschaftsoffiziers Rook konfrontiert. Er wird von dem Schauspieler Daniel Betts gespielt, dessen Gesicht digital durch das des verstorbenen Ian Holm ersetzt wurde, der im Originalfilm Ash, den Wissenschaftsoffizier der Nostromo, spielte. Holm ist vor vier Jahren verstorben, aber sein Nachlass wird im Abspann des Films erwähnt, so dass Disney vermutlich die Erlaubnis dazu erhalten hat, auch wenn einige sich über die Angemessenheit dieses Vorgehens streiten werden. Die Frage ist nicht so sehr, ob eine solche digitale Nekrophilie angemessen ist, sondern ob sie dem Film irgendeinen Mehrwert verleiht. Zunächst einmal sehen die Effekte, die Holm reanimieren, nicht überzeugend aus, so dass seine Anwesenheit ablenkt. Im Alien-Universum gibt es mittlerweile genug unterschiedlich aussehende Androiden, so dass es keinen Grund gibt, einen toten Schauspieler zurückzubringen, um ein anderes Modell eines alten zu spielen. Das ist roher, unnötiger Fanservice – in einem Film, der bereits mit Fanservice überladen ist.
Unterm Strich bietet der Film solide Unterhaltung, lädt aber auch dazu ein, direkt nach einigen Tagen aus dem Gedächtnis des Zuschauers zu verschwinden. Zu gering ist die Eigenständigkeit und auch die Story, wobei einige Bilder wirklich schön in Szene gesetzt wurden. Es fühlt sich dennoch wie eine gewaltige Fehlkalkulation an und zwar auf mehreren Ebenen. Alien: Romulus ist unterhaltsam genug, aber er ist auch sofort wieder vergessen. Weder richtig gut und fesselnd, aber auch nicht wirklich ganz schlecht.